Freitag, 20. März 2009

Metro 2033

Seit rund vierzehn Tagen liegt hier ein mehr als 750 Seiten starker Wälzer, den ich Taschenbuch zu nennen nicht wage. In großen roten Lettern steht "Metro 2033" auf schwarzem Grund; kleiner und in weiß darüber der Name des Autors: Dmitri Glukhovsky.

Bis gestern griff ich in den letzten Tagen lieber zu Agatha Christies vertrauten Figuren und erfreute mich an deren Scharfsinn. Das allzu euphorische Versprechen, dass dieser Roman ähnlich faszinierend und packend sei wie die Wächter-Reihe von Sergej Lukianenko, schreckte mich ab.
Auf Drängen meines Mannes las ich gestern doch mehr als die erste Seite ... und war gefesselt.

Im Mittelpunkt steht - der laut Inhaltsangabe im Klappentext Anfang 20jährige; nach Zusammensetzen der Bruchstücke und Informationen aus dem Roman bereits das Ende der 20er erreichende - Artjom.

Ein Krieg, der vor rund 25 Jahren endete, und die daraus resultierende Strahlung vertrieb die Überlebenden in den Untergrund Moskaus. In den Stationen des inneren Metroringes finden sich die Menschen zusammen und ordnen ihr Zusammenleben unter den gegebenen Umständen. Die Strahlung draußen verursacht Mutationen in der Tier- und Pflanzenwelt, welche auf der Suche nach Nahrung und Unterschlupf die einfachen Siedlungen bedrohen. Es kommt - wie bei Menschen eben so üblich - zu Auseinandersetzungen und Kämpfen, denn die Frage nach dem Weg des sichersten Überlebens beantwortet jeder für sich und die seinen anders. Mit der Zeit entwickeln sich verschiedene Formen - es finden sich Händler nach dem Vorbild der alten deutschen Hansestädte, Faschisten, Revoluzzer, verschiedene Sekten, Kannibalen ... und schließlich ganz im Zentrum die sagenhafte Polis. Die einzelnen Stationen sind durch die alten Metrotunnel miteinander verbunden - manche passierbar, andere nur unter großen Gefahren, die meisten jedoch mehr oder weniger blockiert.

Artjom, der in einer der Randstationen groß wird, wo die Bewohner sich immer wieder gegen ungebetene Besucher wehren müssen, gibt einem Fremden sein Wort, dessen Auftrag zu beenden und sich im Falle seines Todes zur Polis durchzuschlagen, um einen Menschen namens Melnik zu treffen.
Es kommt wie es kommen muss ... und Artjom, der bislang seine Station nie länger verlassen hat, geht los.

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Der Roman fesselt - wie gesagt, ich habe gerade einen Tag gebraucht, um das Buch komplett zu verschlingen. Einige Stellen reizten zum Lachen, wie beispielsweise der Versuch, die Oktoberrevolution mit des Teufels Einfluss zu erklären. An anderen Stellen lief es mir kalt den Rücken hinab.

Ich glaube, Dmitri Glukhovsky ist ein großer Fan von Stanislaw Lem gewesen - vieles erscheint mir zumindest vertraut. Zum Beispiel die Grundidee: was Menschen fremd ist, das wollen sie vernichten. Okay, Lem hat dazwischen noch die Stufe des Verstehenwollens eingefügt, aber das Ergebnis bleibt das Gleiche.

Den Vergleich zu Sergej Lukianenko würde ich im Widerspruch zum Klappentext nicht ziehen wollen - allerhöchstens insofern, dass auch Dmitri Glukhovsky ein zeitgenössischer russischer Schriftsteller ist, der Science Fiction - Literatur schreibt. Aber wahrscheinlich war Lukianenko der einzige andere Schriftsteller dieses Genres mit den genannten Attributen, der dem Verfasser dieses Textes noch einfiel. Dass dieser Mensch das Buch überhaupt gelesen hat, bezweifle ich immer mehr - warum wird eigentlich nicht der Autor selbst um eine kurze Inhaltsangabe gefragt? Der weiß schließlich am besten, wovon er geschrieben hat!
Im Gegensatz zur Lukianenko, der sich immer wieder mit den großen Fragen der Menschen nach dem Woher, dem Wohin und dem Warum beschäftigt, steht bei Glukhovsky meiner Ansicht nach das (menschliche) Zusammenleben im Mittelpunkt.

In der deutschen Wikipedia finden sich derzeit zu Dmitri Glukhovsky folgende Informationen:
Dmitry Glukhovsky (russisch Дмитрий Алексеевич Глуховский/Dmitri Alexejewitsch Gluchowski; * 12. Juni 1979 in Moskau) ist ein russischer Science Fiction-Autor der Gegenwart. Bekannt geworden ist er durch seinen Erstlingsroman Metro 2033, der in der Moskauer Metro spielt, dem letzten Zufluchtsort weniger Überlebender nach einem verheerenden Atomkrieg. Glukhovsky hat in Jerusalem internationale Beziehungen studiert und arbeitete als Journalist für Russia Today und die Deutsche Welle.
Ich denke, das nachfolgende Buch Metro 2034 werde ich mir auf jeden Fall besorgen und unter Umständen auch Zwielicht.

3 Kommentare:

  1. Woher, Wohin, Warum... Fragen, die die Welt bedeuten...

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  2. Ein hervorragendes Buch, das mir an vielen Abenden die Zeit im eisigen Norden verkuerzt hat. Leider ist es viiiiel zu duenn ;-)

    hmm, hier noch der Norweger Test:
    å æ ø

    :-D

    Gruesse
    Broken-Spirits

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  3. hab das Buch auch in zwei Nächten verschlungen. Als es draußen schon hell wurde, musste ich höchstens aus Vernunftgründen noch ein zwei Stündchen schlafen - war echt fesselnd. Den Schluss hab ich aber etwas heftig und auch unbefriedigend gefunden, weshalb ich mich echt schon auf eine Fortsetzung freue - auch weil ja nicht alle Fragen und Handlungsstränge bis zum Ende geklärt werden. Von Sergej Lukianenko habe ich auch die Wächterreihe, Sternenspiel, und Welten/Traumgänger gelesen - vom Aufbau her konnte ich da schon Parallelen entdecken und ein Vergleich zwischen den Autoren ist für mich durchaus begründet.

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