Samstag, 19. Dezember 2009

Die Leiden des alten S.Klaus

Klaus blätterte gedankenverloren in einem der zahlreichen Katalogen, die auf dem Küchentisch verstreut lagen, herum. So recht war er nicht bei der Sache. Stattdessen grübelte er.
Fast zweihundert Jahre waren seit dem ersten Mal vergangen, als er Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donder und Blitz vor seinen Schlitten gespannt hatte. Seitdem hatten sie gemeinsam gelebt und sich jedes Jahr aufs Neue gemeinsam in die weihnachtliche Hektik gestürzt. Geduldig waren sie dem Laufe der Sonne gefolgt und hatten während der Zeit unzählige Kinderaugen zum Leuchten gebracht.
Nun jedoch machte sich bei seinen tierischen Freunden das Alter bemerkbar und sie hatten darum gebeten, in nächster Zeit von jüngeren Artgenossen abgelöst zu werden. Selbst der kleine Rudolf mit seiner ewig entzündeten Nase, der ihm schon so oft gute Dienste in der nebligen Luft über London oder über dem versmogten Mailand geleistet hatte, klagte über sein inzwischen schlohweiß gewordenes Fell. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die zur Erholung benötigten und immer länger werdenden Pausen dazu geführt, dass sich zahlreiche Bescherungen immer mehr verspäteten.
Das wiederum führte zu nur allzu verständlichem Ärger bei den Eltern und Großeltern, die ihrerseits beschlossen, dem Weihnachtsmann einen großen Teil der Arbeit abzunehmen. Außerdem mehrte sich der Ärger über hinterlassene rußige Fußspuren auf teurer Auslegware, die, wie ihm der Wetterwichtel erst kürzlich versichert hatte, Folge des Drecks in der Atmosphäre waren.
Doch nicht nur die mit der voranschreitenden Industrialisierung zunehmende Luftverschmutzung bereitete Klaus Sorgen sondern auch der stark zunehmende Flugverkehr mit immer größeren Flugzeugen. Zwar hatten sie einige Ausweichmanöver entwickelt, aber auch diese verlangten für ihre Ausführung gut funktionierende Reflexe und schnellstes Reaktionsvermögen - Eigenschaften, die mit dem Alter eher abnehmen.
Seine Bemühungen, geeignete Nachfolger für seine treuen Rentiere zu finden, waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Seitdem sie unter dem Schutz des WWF standen, durften seine Wichtel keine Wildtiere mehr zähmen, und die Einschränkung des Weidelandes hatte die Herden der Samen verkleinert. Diese waren nun auf jedes einzelne Tier angewiesen, um die strengen nördlichen Winter zu überleben, und konnten Klaus keines abgeben. Er sah sich gezwungen, Alternativen zu finden.
Dieser Idee kam ihm zum ersten Mal, als er sich plötzlich zwischen Wärmedämmung und Klicklaminat wiederfand statt vor dem erwarteten Kamin und nur dank seiner besonderen Fähigkeiten war es ihm gelungen, sich aus dieser Klemme zu befreien. Da die meisten Häuser und Wohnungen inzwischen über eine moderne Zentralheizung verfügten, sah sich Klaus schon seit längerem zu von der Tradition abweichenden Auftritten gezwungen.
Auch jetzt spielte er mit dem Gedanken, sich stilistisch ein wenig zu verändern. Oh nein, auf seinen wallenden weißen Bart, seine zerzausten Haare unter der roten Zipfelmütze, den roten Mantel und vor allem auf seinen Bauch würde er nicht verzichten; so weit würde er nicht gehen. Noch immer dankte er jeden Morgen beim Blick in seinen Kleiderschrank jenem unbekannten Werbedesigner, der ihm vor gar nicht so langer Zeit diese wesentlich auffälligeren Farben und den dazugehörigen gemütlichen Lebenswandel erlaubt hatte.
Inzwischen hatte sich dank der tatkräftigen Mithilfe von Eltern, Großeltern, Tanten und des Handels der Schwerpunkt seiner Aufgaben von der der Verteilung von Geschenken hin zu repräsentativen Auftritten verlagert. Eigentlich, so dachte Klaus, könnte er sich ein anderes Fortbewegungsmittel zulegen.
Wie jeder Mann dachte er da zuerst an ein Auto. Einen wunderschönen Sportwagen hatte er vor Augen. Natürlich einen roten, was denn sonst? Lässig sah er sich am Steuer sitzen. Ja, er würde die Straßen entlang brausen, schöne Musik hören – eine gute Anlage wäre ein absolutes Muss -, der Sack mit den Geschenken würde im Kofferraum ... Moment, welcher Kofferraum? Ein Sportwagen hat nichts, was diesen Namen verdiente! Also nochmal von vorn: Er würde die Straßen entlang brausen, schöne Musik hören – die gute Anlage würde den Sound kristallklar wiedergeben, einfach perfekt -, der Sack mit den Geschenken würde auf dem Rücksitze liegen ... Rücksitz? Naja, egal ... dann eben auf dem Beifahrersitz ... jedenfalls würde es Spaß machen, die Straßen entlang zu brausen, das eine oder andere Weihnachtslied mitzuträllern und sich einfach gut zu fühlen. Dann würde er lässig vorfahren, aus dem Wagen aussteigen ... okay, an dieser Stelle wurde der Tagtraum lächerlich.
Egal, wie er es drehte und wendete, als Weihnachtsmann cool und lässig oder zumindest würdevoll aus einem Sportwagen zu steigen, war einfach unmöglich.
Aber Klaus gab den Traum vom Auto nicht so schnell auf: vielleicht ein anderes Modell? In schneller Folge sah er sich in Amsterdam einen Parkplatz für seinen Geländewagen suchen, die Wichtel auf den Rücksitzen seines Vans raufen, die Stretchlimusine kam einfach nicht um die Kurven in den kleinen Gassen Wiens ... das reichte ihm. Kein Auto, er würde sich ja wohl nicht lächerlich machen. Und in Zeiten des Kampfes gegen den CO2-Ausstoß wäre dies vor allem auch das völlig falsche Signal.

Doch was dann?

Montag, 5. Oktober 2009

Alle paar Jahre wieder ... werden das Geheimnis, der Zauber des Dunklen wieder interessant und die Geschöpfe der Nacht erheben sich aus ihren Gräbern. Besonders Vampire scheinen die menschliche Phantasie anzuregen: ewig jung, reich an Erfahrung und Geheimnis ... und das (menschliche) Blut als Lebens - aeh Existenzgrundlage.

Das klingt durchaus sehr verführerisch, ich gebe es zu ... und ich gebe auch zu, dass ich diesem Zauber ebenfalls mehr oder weniger regelmäßig erliege.

Mich nerven lediglich diese Trendschreibereien ... und blasse, sprachlich unattraktive Vampirteeniestorys.

Nach "twilight" greifen jetzt die meisten Vampirliebhaber der jüngsten Generation verführt vom Buchcover zu diesen unsäglichen "Biss"-Romanen ... ja, ich habe hineingeschaut und gelesen - würde innerhalb gewisser Grenzen nichts ablehnen, was ich nicht kenne! Meinen Geschmack trifft es nicht!
Lesen ist toll ... auch schlechte Literatur ... ist immerhin lesen ... aber es gibt doch gute Vampirromane ... man versuche sich nur an den Werken der grande dame der dunklen Literaturromantik Anne Rice!

Montag, 28. September 2009

Traum?

Renovierung (inklusive Abschleifen dieses ekelhaften Ochsenblutrotes auf unseren Dielen, Ölen und Wandgestaltung) und Umzug sind endlich geschafft und wir in unserem neuen Heim angekommen ... dreifach HURRA ... und ich finde endlich Zeit, mich um die lang vernachlässigte Bücherkiste zu kümmern.
Bücherkisten ... mehr als 40 hatten wir davon ... und noch lange nicht genug *grinsel*. Nervigste Begleiterscheinung des Umzuges war die plötzliche Minimierung der zur Verfügung stehenden Bücher - shocking! In meiner Not (und zur Freude meines Mannes, da ich ohne regelmäßige Zufuhr von Lesestoff mehr oder weniger unerträglich werde) habe ich die Kiste mit Aufschrift "Perry Rhodan" geöffnet und (geistige? ^^) Nahrung zur Genüge gefunden.

Ich möchte mich hier nicht mit einer Erklärung, wer das eigentlich ist, aufhalten und auch nicht unbedingt mehr Worte als nötig über die seit 1961 wöchentlich erscheinende Science Fiction - Reihe verlieren. Die interessierte Leserin möge sich ebenso wie der geneigte Leser den Artikel zu Perry Rhodan auf Wikipedia durchlesen, die Perry Rhodan Homepage oder gleich die Perrypedia besuchen.

Mich faszinieren vor allem die in den einzelnen Geschichten und Figuren grundsätzlichen Gedanken, Vorstellungen und Hoffnungen. Ebenso ist es auch spannend, von einem Ereignis zu lesen, das für mich als reale Tatsache in der Vergangenheit liegt, für die Autoren damals jedoch noch Zukunftsmusik war: die Landung der Menschen auf dem Mond. (ja, ich weiß, dass es die einen oder anderen mehr oder weniger berechtigten Zweifel an der Wirklichkeit dieser Landung gibt; ich finde es ja selbst höchstinteressant, dass ausgerechnet die Aufnahmen, die diese beweisen könnten, aus dem NASA-Archiv spurlos verschwunden sind ;-))

Perrys großer Traum einer geeinten Menschheit, die sich nicht mehr in kleinkarierten Auseinandersetzungen mit den Nachbarn wegen Glaubens- oder gar Herkunftsunterschieden verliert, sondern auf höchsten moralischen und ethischen Grundlagen nach Mehrung von Wissen strebt ... ist mir sehr vertraut. Gerade das Bemühen dieses Großadministrators Terras, Fremden grundsätzlich freundschaftlich entgegen zu treten und eine Verständigung zu aller Wohl herbei zu führen, beeindruckt mich immer wieder. Natürlich ist dies für eine literarische Figur sehr leicht, aber es waren ja mindestens den Kalten Krieg erlebende Menschen, die diese Figur entwickelten. Vielleicht sollten sich unsere Politiker ein Beispiel an Perry nehmen ... ;-)

Neben der fast asketisch auftretenden Figur des Perry Rhodan sind die wichtigsten Figuren die Mitglieder des sogenannten Mutantenkorps und Atlan.

Die Entwicklung von Waffen auf Basis der Atomenergie, deren Erprobung und schließlich deren Einsatz ist sicherlich nicht für die Autoren einschneidend und inspirierend. Ebenso die Frage nach den Folgen für die Menschen. Während wir in der Realität mit sogenannten negativen Mutationen wie Missbildungen und Schädigung des Genmaterials konfrontiert werden, träumten die Autoren auch von positiven Mutationen, die verschiedene Fähigkeiten wie Telepathie und Teleportation mit sich bringen.
Perry Rhodan sucht diese Mutanten, um sich deren Hilfe bei der Verwirklichung seiner Träume zu vergewissern. Dabei kommt es vor allem in der Anfangszeit zu größeren Konflikten zwischen Mutanten und Nichtmutierten, welche die Mutanten als Monster ansehen und dabei vergessen, dass diese das Resultat des unverantwortlichen Umgehens der Menschheit mit der Atomenergie sind und selbst absolut nichts für ihre Mutation können.

Während die Teleportation als nützliches Werkzeug betrachtet und nicht weiter diskutiert wird, ist der Umgang mit Telepathen ungleich schwieriger. Allein die Idee, dass ein anderer Mensch die eigenen Gedanken lesen kann, so gern wir diese auch verbergen möchten, ist erschreckend. Aus dem Grunde wird immer wieder thematisiert, dass die Telepathen moralisch gefestigte und die Privatsphäre jedes Wesens respektierende Individuen sind. Ausnahme sind jene vereinzelten Wesen, die sich aufgrund ihrer Fähigkeiten als "Überwesen" begreifen und nach Macht streben.
Auch hier sehe ich Vorbilder für unsere Regierende: achtet doch unsere Privatsphäre bitte ebenso wie es John Marshall tut! Will heißen: selbst wenn über die nötigen Mittel verfügt wird, müssen die nicht eingesetzt werden!

Die mir bei weitem sympathischste und (nicht nur) für mich interessanteste Figur im Perryversum ist Atlan, der Einsame der Zeit. Dieser Arkonide war Lordadmiral und Kristallprinz des alten Arkonidenreiches und strandete bereits vor reichlich 10000 Jahren auf der Erde. Ein Zellaktivator und Tiefschlafphasen ermöglichten ihm das Überleben bis heute. Sein Leben und Wirken auf der Erden wird in den Atlan-Bänden, einer eigenständigen Reihe, die ich mit fast noch größerem Vergnügen verschlang, geschildert. Auch hier sei für Einzelheiten auf die Atlan betreffenden Einträge bei Wikipedia und Perrypedia verwiesen. Atlan, der Außerirdische, ist in manchen Belangen menschlicher als Perry Rhodan gestaltet - so leistet er sich Zweifel und Emotionen und vor allem den Luxus, nach diesen zu handeln.
In meinen Augen ist diese Figur ein Ausdruck des menschlichen Bestrebens und Wunsches mit der Antwort auf die Frage des Woher auch die Frage nach dem Wohin beantworten zu können.


Eines finde ich jedoch bemerkenswert: egal, wie weit fortgeschritten die menschliche Entwicklung auch geschildert wird und wie ausgebaut die Wirtschaft ... die Unsinnigkeit von Geld kam Perry Rhodan noch nicht in den Sinn ... aber das kann ja noch kommen ;-)
Gerade erst in das Perryversum eingetaucht, bin ich gespannt, welchen Wesen und Ideen ich noch begegnen werde - die menschliche Phantasie wird hoffentlich noch lange nicht erlahmen!


Angesichts des aktuellen Ergebnisses der Bundestagswahl verspüre ich derzeit verstärkt das Bedürfnis, mich in einen noch fern liegenden Traum für die Menschheit zurückzuziehen.

Montag, 20. Juli 2009

Hortensia

... Urlaubszeit ... und da im Moment die Bretagne noch etwas auf mich warten muss ... dann eben Blumen, die für mich den Urlaub nach Hause holen ...





wie immer: Das Bild "hortensia" von Schneeseefee steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.

Montag, 13. Juli 2009

ein Bild zum Roman

Einer meiner liebsten Künstler bei deviantart ein Bild veröffentlicht, dass für mich eine perfekte Illustration von Jane Austens Pride and Prejudice ist: eyelightzone auf deviantart

So stelle ich mir Elizabeth Bennett vor - wunderschön, stolz, stark, von Intelligenz, Schalk und Humor belebte Züge und dabei warmherzig und einfühlsam.

Die Farben des Bildes entsprechen für mich ebenfalls der liebevoll gestalteten und mit sanften Worten beschriebenen ländlichen Umgebung der zwar emotional geladenen aber trotzdem immer ruhig geschilderten Handlung.

Auch die Reduktion der abgebildeten Gegenstände auf das Wesentlichste erinnert mich stark an Jane Austen. Auch sie schildert lediglich die für das Verständnis der Handlung absolut notwendigen Szenen - da dreht sich der gesamte Roman um eine einzige Verlobung und die Missverständnisse auf dem Wege dorthin ... aber die Auflösung derselben, der Antrag und die folgende Hochzeit sind nur noch wenige Sätze wert.
Wunderbar.

Die mit Jane Austen verbrachten Stunden gehören mittlerweile zu den amüsantesten und entspannendsten in letzter Zeit ...

Nachtrag:
Was mich an Jane Austen besonders reizt, sind ihr Humor, ihre Feinsinnigkeit und die mit scharfen Blick gesehene und oft mit beißender Ironie wiedergebenen Szenen des englischen Landadels ihrer Zeit. So sind ihre Werke keinesfalls nur als erbauliche Lektüre heiterer alter Damen zu sehen.
Ihre Beherrscuhng ihrer Sprache und ihre Eloquenz sind der Grund, weshalb sie oft und völlig zu Recht mit Shakespeare in einem Atemzug genannt wird. In der deutschen Literatur fällt mir lediglich Theodor Fontane ein, der ähnliche Begabungen zeigt.

Schlussfolgerung? LESEN, LESEN, LESEN! ;-)

Mittwoch, 8. Juli 2009

druschba

Freundschaft - kaum ein Wort habe ich in meiner Kindheit öfter gehört als dieses.

Der Geschmack, der Duft dieses Wortes ... für mich wie Schokoladeneis mit einem Hauch Chili und ganz viel frischen Kirschen ... nach Rotwein duften ... erfrischend wie ein Sommergewitter ... vertraut sein wie der Teddybär aus Kindertagen und behaglich wie ein Kaminfeuer im Winter.

Wechselseitiger Respekt, tiefempfundenes Verständnis, Vertrautheit, Interesse und eine innige Zuneigung sind für mich die notwendigen Zutaten. Freundschaft ist Arbeit. Sie muss gehegt und gepflegt werden ... und es bedarf der ständigen Kommunikation - selbstverständlich jenseits des "na, wie geht's, was machst Du so, findest Du es nicht auch unerträglich heiß?".

Freundschaften können anstrengend sein - etwa wenn eine Freundin verliebt ist und alle Eigenschaften des Zielobjektes minutiös immer wieder durchgesprochen werden müssen ... oder eine Freundin ist schwanger und kennt neun Monate lang kein anderes Thema als das werdende Leben ... oder ein Freund hat gerade eine dunkle Phase und spricht wochenlang nur über seine Probleme ... oder oder oder ... natürlich ist es nervig, zeitraubend und anstrengend, wenn wenige Themen immer wieder hervorgeholt und besprochen werden müssen. ABER sind Freunde nicht auch dazu da, um einem zur Seite zu stehen und zu helfen, richtige Antworten zu finden? Unabhängig wie lange dies dauern mag?
Selbstverständlich darf über die eigenen Interessen das Gegenüber nicht vergessen werden - die Frage nach dem Befinden ist für mich keine Höflichkeitsfloskel sondern Interesse ... logisch, oder? Freundschaft ist ein Geben und Nehmen.
Leider begegnet man in seinem Leben nur zu oft "Schönwetterfreundschaften", die sich - egal, wie tief und eng sie sich anfühlen mögen - bei den ersten Anzeichen spätestens jedoch nach einer längeren Regenphase still aus dem Leben verabschieden.

Kaum etwas trifft mich mehr als das Erkalten einer einstmals groß gefühlten Freundschaft und das hilflose Zusehen bei einer solchen Entfremdung. Zu einer Freundschaft gehören zwei, weswegen einer allein nur wenig tun kann, sie zu erhalten, wenn der andere kein Interesse daran hat.

Meistens ... nur zu oft sind solche Brüche die Folge von Missverständnissen ... also mangelnder Kommunikation. An diesen Stellen frage ich mich: ist denn das "Miteinanderreden" nicht das Genialste an einer Freundschaft? Wieso sind die wenigsten in der Lage, ihre Gedanken zu formulieren und auszusprechen? Wieso nehmen die meisten an, sie kennen die Reaktion des Freundes auf eine (kritische)Äußerung?
Ist diese Annahme nicht ziemlich anmaßend? Und schlussendlich auch respektlos?
Wie weit lässt sich dann von diesem Verhältnis als Freundschaft sprechen?

Die Literatur ist voll von Geschichten über Freundschaft - es gibt nicht ganz soviele wie über Liebe ... aber doch schon einige. Und meistens wird über Freundschaften unter Frauen oder Freundschaften unter Männern geschrieben.

Existiert denn zwischen einem Mann und einer Frau keine Freundschaft? Spielt denn das Jäger-Beute-Schema immer eine Rolle? Die einzige zwischengeschlechtliche Freundschaft, die gesellschaftlich angenommen und fast schon zum Klischee wird, scheint die zwischen einem schwulen Mann und einer Frau zu sein.

Es gibt eine ganze Menge zu diesem Thema zu lesen: Krimis, Novellen, Romane, Gedichte ... fast genausoviel wie zur Liebe.

Für mich gibt wohl kaum einen Schriftsteller, der phantastischer, eindringlicher und lebendiger über Freundschaft schreiben kann als der Großmeister selbst: J.R.R. Tolkien.

Spätestens seit der Verfilmung seines Hauptwerkes Der Herr der Ringe ist dieser Name jedem nichtlesenden Kinogänger ein Begriff. Leider jedoch ist diese Verfilmung zwar voll von baombastischen Bildern und schönen Anblicken, degradiert diese wunderbare Geschichte über Freundschaft jedoch zur Hintergrundmusik einer platten Hollywood-Liebesschnulze.

Ich erspare mir an dieser Stelle eine Inhaltsangabe - die geneigte Leserin möge sich bitte ebenso wie der geneigte Leser ein eigenes Bild verschaffen und diese Bücher selbst lesen - vorzugsweise im englischen Original - denn egal, wieviel und wie ausführlich ich schreibe und wie lange ich auch an meiner Wortwahl feilen mag, wird eine Zusammenfassung diesem Werk niemals gerecht werden und dies auch gar nicht können. Dieser Oxford-Professor hat sich nämlich den heimlichen Traum eines jeden Menschen erfüllt: er hat seine eigene Welt erschaffen, sie bevölkert, Sprachen entwickelt und ihr sogar eine eigene Schöpfungsgeschichte (nachzulesen im Silmarillion) erdacht.

Zu der Gemeinschaft des Ringes gehören auch der Elb Legolas und der Zwerg Gimli. Naturgemäß ist keiner von beiden über die Anwesenheit des anderen erfreut - haben sich doch die Elben und Zwerge längst verzankt und hegen einen uralten Groll gegen einander.
Hier treffen zwei Gegensätze aufeinander: die Verkörperung der Idee von Weisheit, Ruhe, Wissen, Unsterblichkeit und Schönheit auf der einen Seite ... laute und geschickte Handwerker, Rauhigkeit, Ungeduld und Geradlinigkeit auf der anderen. Nicht umsonst sind die beiden auch äußerlich so grundverschieden: der hochgewachsene, feingliedrige, zarte Elb und dagegen der stämmige, kräftige und wilde Zwerg.
Zwischen diesen beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die alle Vorurteile und Vorbehalte überwindet - ja, sie lernen einander so gut kennen, dass sie sich gegenseitig ihre Welt zeigen: Gimli den lebenden Stein in Helms Klamm und Legolas Fangorn.

Freundschaft braucht - so wird oft gesagt - immer ein verbindendes Element. Was ist es bei diesen beiden? Das Offensichtliche? Ihr Geschlecht?
Nun, Rollenspieler wissen, dass am Äußeren Zwerginnen und Zwerge nicht voneinander zu unterscheiden sind. Woher nehmen wir also die Gewissheit, dass Gimli männlich ist? Gimli ist ein Zwerg. Manchmal denke ich bei den beiden an meinen besten Kumpel und mich (auch wenn die Besetzung meiner Position mit der des Zwergen nicht unbedingt schmeichelhaft für mich ist, aber ... hey, er wird immer wieder mit Legolas verglichen ;-)) ... unsere Freundschaft ist für viele Außenstehenden scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. Und warum? Der unterschiedlichen Geschlechter wegen ... und es gibt noch nicht einmal die Erklärung "Homosexualität". Unglaublich? Tatsache!

Die Verbindung dieser beiden unterschiedlichen Charaktere ist für mich ihre Bereitschaft, ihr Leben füreinander und ihre Gefährten einzusetzen. Warum sie das tun? Zu Beginn mag es die Einsicht um die Wichtigkeit von Frodos Fahrt gewesen sein und das Wissen, dass dies die einzige Chance für ihre Zukunft und das ihrer Lieben ist. Aber im Laufe der gemeinsam erlebten Abenteuer und durchgestandenen Gefahren ... wurde diese ursprüngliche Zweckgemeinschaft zu einem Bund von Freunden.

Wie sagt Gimli zu Beginn der Schlacht? Dass er nie gedacht hätte, an der Seite eines Elben zu sterben. Und Legolas' weise Antwort "Wie wäre es Seite an Seite mit einem Freund?". Schmalzig, ich gebe es zu ... aber ... an der Stelle geht mir das Herz auf - viel weiter als bei jeder Liebesszene zwischen Arven und Aragorn - ... und auch Gimli ist sichtlich bewegt.

Diese Stelle habe ich immer wieder vor Augen, wenn ich mir die Freundschaft anderer bewusst wird - ein Geschenk!

.... natürlich habe ich mir bei diesem Loblied genau ein einziges Freundschaftsband herausgesucht ... (eben wegen der erwähnten Ähnlichkeit ^^) ... es gibt viele, viele mehr ... allein unter den Hobbits beispielsweise.

Samstag, 4. Juli 2009

stop the world, I wonna jump!

In den letzten Tagen und Wochen mehren sich die für mich traurigen Nachrichten in der Presse.
Amgefangen hat es mit dem Begräbnis unserer Demokratie Mitte Juni, erwischte mich an meiner emotionalen Stelle mit dem Tode eines meiner Jugendidole und allzeit verehrten Musiker Michael Jackson ... und erreicht nun mit der Kunde vom Doping der Claudia Pechstein einen neuen Tiefpunkt.

Ja, ich gehöre zu der Minderheit, die sich leidenschaftlich gern anschaut, wie erwachsene Menschen in hautengen Anzügen zu zweit im Kreise fahren ... und eigentlich einfach nichts passiert ^^. Für mich ist dieser Sport immer Ausdruck der alten Frage "Kraft oder Technik?" gewesen ... und weil auch ich bis zu meinem Wegzug eben im Eisschnelllauf Leistungssportlerin im Berliner Sportforum war - nein, ich habe weder Pillen schlucken müssen noch irgendwelche Spritzen über mich ergehen lassen.

man man man ...

... und nochmals ja, ich weiß, im Leistungssport ist Doping spätestens auf internationale Ebene notwendig, obligatorisch und vor allem ... normal, aber frau wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?



Aktuelle Buchempfehlung: Schöne Scheine von Terry Prattchet ... passt wunderbar zur immer wieder beschworenen Bankenkrise ;-)




... solche Schönheit ... gibt mir immer wieder den Glauben zurück ;-)


ach ja: Das Bild "only this moment" von Schneeseefee steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.