Mittwoch, 8. Juli 2009

druschba

Freundschaft - kaum ein Wort habe ich in meiner Kindheit öfter gehört als dieses.

Der Geschmack, der Duft dieses Wortes ... für mich wie Schokoladeneis mit einem Hauch Chili und ganz viel frischen Kirschen ... nach Rotwein duften ... erfrischend wie ein Sommergewitter ... vertraut sein wie der Teddybär aus Kindertagen und behaglich wie ein Kaminfeuer im Winter.

Wechselseitiger Respekt, tiefempfundenes Verständnis, Vertrautheit, Interesse und eine innige Zuneigung sind für mich die notwendigen Zutaten. Freundschaft ist Arbeit. Sie muss gehegt und gepflegt werden ... und es bedarf der ständigen Kommunikation - selbstverständlich jenseits des "na, wie geht's, was machst Du so, findest Du es nicht auch unerträglich heiß?".

Freundschaften können anstrengend sein - etwa wenn eine Freundin verliebt ist und alle Eigenschaften des Zielobjektes minutiös immer wieder durchgesprochen werden müssen ... oder eine Freundin ist schwanger und kennt neun Monate lang kein anderes Thema als das werdende Leben ... oder ein Freund hat gerade eine dunkle Phase und spricht wochenlang nur über seine Probleme ... oder oder oder ... natürlich ist es nervig, zeitraubend und anstrengend, wenn wenige Themen immer wieder hervorgeholt und besprochen werden müssen. ABER sind Freunde nicht auch dazu da, um einem zur Seite zu stehen und zu helfen, richtige Antworten zu finden? Unabhängig wie lange dies dauern mag?
Selbstverständlich darf über die eigenen Interessen das Gegenüber nicht vergessen werden - die Frage nach dem Befinden ist für mich keine Höflichkeitsfloskel sondern Interesse ... logisch, oder? Freundschaft ist ein Geben und Nehmen.
Leider begegnet man in seinem Leben nur zu oft "Schönwetterfreundschaften", die sich - egal, wie tief und eng sie sich anfühlen mögen - bei den ersten Anzeichen spätestens jedoch nach einer längeren Regenphase still aus dem Leben verabschieden.

Kaum etwas trifft mich mehr als das Erkalten einer einstmals groß gefühlten Freundschaft und das hilflose Zusehen bei einer solchen Entfremdung. Zu einer Freundschaft gehören zwei, weswegen einer allein nur wenig tun kann, sie zu erhalten, wenn der andere kein Interesse daran hat.

Meistens ... nur zu oft sind solche Brüche die Folge von Missverständnissen ... also mangelnder Kommunikation. An diesen Stellen frage ich mich: ist denn das "Miteinanderreden" nicht das Genialste an einer Freundschaft? Wieso sind die wenigsten in der Lage, ihre Gedanken zu formulieren und auszusprechen? Wieso nehmen die meisten an, sie kennen die Reaktion des Freundes auf eine (kritische)Äußerung?
Ist diese Annahme nicht ziemlich anmaßend? Und schlussendlich auch respektlos?
Wie weit lässt sich dann von diesem Verhältnis als Freundschaft sprechen?

Die Literatur ist voll von Geschichten über Freundschaft - es gibt nicht ganz soviele wie über Liebe ... aber doch schon einige. Und meistens wird über Freundschaften unter Frauen oder Freundschaften unter Männern geschrieben.

Existiert denn zwischen einem Mann und einer Frau keine Freundschaft? Spielt denn das Jäger-Beute-Schema immer eine Rolle? Die einzige zwischengeschlechtliche Freundschaft, die gesellschaftlich angenommen und fast schon zum Klischee wird, scheint die zwischen einem schwulen Mann und einer Frau zu sein.

Es gibt eine ganze Menge zu diesem Thema zu lesen: Krimis, Novellen, Romane, Gedichte ... fast genausoviel wie zur Liebe.

Für mich gibt wohl kaum einen Schriftsteller, der phantastischer, eindringlicher und lebendiger über Freundschaft schreiben kann als der Großmeister selbst: J.R.R. Tolkien.

Spätestens seit der Verfilmung seines Hauptwerkes Der Herr der Ringe ist dieser Name jedem nichtlesenden Kinogänger ein Begriff. Leider jedoch ist diese Verfilmung zwar voll von baombastischen Bildern und schönen Anblicken, degradiert diese wunderbare Geschichte über Freundschaft jedoch zur Hintergrundmusik einer platten Hollywood-Liebesschnulze.

Ich erspare mir an dieser Stelle eine Inhaltsangabe - die geneigte Leserin möge sich bitte ebenso wie der geneigte Leser ein eigenes Bild verschaffen und diese Bücher selbst lesen - vorzugsweise im englischen Original - denn egal, wieviel und wie ausführlich ich schreibe und wie lange ich auch an meiner Wortwahl feilen mag, wird eine Zusammenfassung diesem Werk niemals gerecht werden und dies auch gar nicht können. Dieser Oxford-Professor hat sich nämlich den heimlichen Traum eines jeden Menschen erfüllt: er hat seine eigene Welt erschaffen, sie bevölkert, Sprachen entwickelt und ihr sogar eine eigene Schöpfungsgeschichte (nachzulesen im Silmarillion) erdacht.

Zu der Gemeinschaft des Ringes gehören auch der Elb Legolas und der Zwerg Gimli. Naturgemäß ist keiner von beiden über die Anwesenheit des anderen erfreut - haben sich doch die Elben und Zwerge längst verzankt und hegen einen uralten Groll gegen einander.
Hier treffen zwei Gegensätze aufeinander: die Verkörperung der Idee von Weisheit, Ruhe, Wissen, Unsterblichkeit und Schönheit auf der einen Seite ... laute und geschickte Handwerker, Rauhigkeit, Ungeduld und Geradlinigkeit auf der anderen. Nicht umsonst sind die beiden auch äußerlich so grundverschieden: der hochgewachsene, feingliedrige, zarte Elb und dagegen der stämmige, kräftige und wilde Zwerg.
Zwischen diesen beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die alle Vorurteile und Vorbehalte überwindet - ja, sie lernen einander so gut kennen, dass sie sich gegenseitig ihre Welt zeigen: Gimli den lebenden Stein in Helms Klamm und Legolas Fangorn.

Freundschaft braucht - so wird oft gesagt - immer ein verbindendes Element. Was ist es bei diesen beiden? Das Offensichtliche? Ihr Geschlecht?
Nun, Rollenspieler wissen, dass am Äußeren Zwerginnen und Zwerge nicht voneinander zu unterscheiden sind. Woher nehmen wir also die Gewissheit, dass Gimli männlich ist? Gimli ist ein Zwerg. Manchmal denke ich bei den beiden an meinen besten Kumpel und mich (auch wenn die Besetzung meiner Position mit der des Zwergen nicht unbedingt schmeichelhaft für mich ist, aber ... hey, er wird immer wieder mit Legolas verglichen ;-)) ... unsere Freundschaft ist für viele Außenstehenden scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. Und warum? Der unterschiedlichen Geschlechter wegen ... und es gibt noch nicht einmal die Erklärung "Homosexualität". Unglaublich? Tatsache!

Die Verbindung dieser beiden unterschiedlichen Charaktere ist für mich ihre Bereitschaft, ihr Leben füreinander und ihre Gefährten einzusetzen. Warum sie das tun? Zu Beginn mag es die Einsicht um die Wichtigkeit von Frodos Fahrt gewesen sein und das Wissen, dass dies die einzige Chance für ihre Zukunft und das ihrer Lieben ist. Aber im Laufe der gemeinsam erlebten Abenteuer und durchgestandenen Gefahren ... wurde diese ursprüngliche Zweckgemeinschaft zu einem Bund von Freunden.

Wie sagt Gimli zu Beginn der Schlacht? Dass er nie gedacht hätte, an der Seite eines Elben zu sterben. Und Legolas' weise Antwort "Wie wäre es Seite an Seite mit einem Freund?". Schmalzig, ich gebe es zu ... aber ... an der Stelle geht mir das Herz auf - viel weiter als bei jeder Liebesszene zwischen Arven und Aragorn - ... und auch Gimli ist sichtlich bewegt.

Diese Stelle habe ich immer wieder vor Augen, wenn ich mir die Freundschaft anderer bewusst wird - ein Geschenk!

.... natürlich habe ich mir bei diesem Loblied genau ein einziges Freundschaftsband herausgesucht ... (eben wegen der erwähnten Ähnlichkeit ^^) ... es gibt viele, viele mehr ... allein unter den Hobbits beispielsweise.

1 Kommentar:

  1. "Wechselseitiger Respekt, tiefempfundenes Verständnis, Vertrautheit, Interesse und eine innige Zuneigung" sind in der Tat die wichtigsten

    Grundvoraussetzungen für eine Freundschaft. Und das unterscheidet m.E. auch eine Freundschaft von den Bekanntschaften, die Du hier mit

    Anmaßung und Respektlosigkeit beschreibst.

    Freunde kenne ich so gut, daß ich eigentlich weiß, wie sie auf bestimmte Situationen (z.B. kritische Äußerungen) reagieren werden, einfach

    deshalb, weil ich mich mit den betrefefnden Personen entsprechend lange und intensiv auseinandergesetzt habe. Und das zeugt nun nicht unbedingt

    von Respektlosigkeit, oder?

    Freunde habe ich "nur" zwei und ich denke, damit bin ich ein richtiger Glückskeks, manche leute haben nie welche. Hier mag ich besonders das englische Sprichwort: "Everybodies friend is nobodies friend" ;-)

    Eine Freundschaft erhalten ist schwer, und bedarf viel Zeit. Es ist leider heutzutage sehr schwer, dies umzusetzen: ein Jobwechsel mit dem damit

    verbundenen Wohnortwechsel kann sehr schnell zu einem Auseinanderleben führen. Und es ist oft genug erschreckend, zu sehen, wie die

    Wechselwirkungen (Einflußnahme?) reißen: ein neuer Lebensabschnitt hat begonnen, der mit anderen Einflüßen und neuen Beanntschaften verbunden ist,
    Bei Deinem Beispiel der Freundschaft zwischen Mann und Frau mag dies noch am ehesten funktionieren: der Partner zieht halt mit.
    Und ich denke, diese Beziehungen, denen eine Freundschaft zugrunde liegt, sind auch am dauerhaftesten - eben weil dieses rein optisch begründete Jäger-Beute Schema dabei (zumindest teilweise) "ausgeblendet" wird - das stimmt nämlich meistens ein paar Jahre später nicht mehr ;-)

    "Herr der Ringe" habe ich übrigens nie gesehen. Buchverfilmungen empfinde ich immer als mißglückt. Diese Enttäuschung wollte ich mir in diesem

    Fall nicht antun.... und lese lieber (wieder und wieder) weiter - auf englisch, logisch; ich "wußte" nicht, daß man das auch in anderen Sprachen lesen kann.... ;-)

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