Samstag, 19. Dezember 2009

Die Leiden des alten S.Klaus

Klaus blätterte gedankenverloren in einem der zahlreichen Katalogen, die auf dem Küchentisch verstreut lagen, herum. So recht war er nicht bei der Sache. Stattdessen grübelte er.
Fast zweihundert Jahre waren seit dem ersten Mal vergangen, als er Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donder und Blitz vor seinen Schlitten gespannt hatte. Seitdem hatten sie gemeinsam gelebt und sich jedes Jahr aufs Neue gemeinsam in die weihnachtliche Hektik gestürzt. Geduldig waren sie dem Laufe der Sonne gefolgt und hatten während der Zeit unzählige Kinderaugen zum Leuchten gebracht.
Nun jedoch machte sich bei seinen tierischen Freunden das Alter bemerkbar und sie hatten darum gebeten, in nächster Zeit von jüngeren Artgenossen abgelöst zu werden. Selbst der kleine Rudolf mit seiner ewig entzündeten Nase, der ihm schon so oft gute Dienste in der nebligen Luft über London oder über dem versmogten Mailand geleistet hatte, klagte über sein inzwischen schlohweiß gewordenes Fell. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die zur Erholung benötigten und immer länger werdenden Pausen dazu geführt, dass sich zahlreiche Bescherungen immer mehr verspäteten.
Das wiederum führte zu nur allzu verständlichem Ärger bei den Eltern und Großeltern, die ihrerseits beschlossen, dem Weihnachtsmann einen großen Teil der Arbeit abzunehmen. Außerdem mehrte sich der Ärger über hinterlassene rußige Fußspuren auf teurer Auslegware, die, wie ihm der Wetterwichtel erst kürzlich versichert hatte, Folge des Drecks in der Atmosphäre waren.
Doch nicht nur die mit der voranschreitenden Industrialisierung zunehmende Luftverschmutzung bereitete Klaus Sorgen sondern auch der stark zunehmende Flugverkehr mit immer größeren Flugzeugen. Zwar hatten sie einige Ausweichmanöver entwickelt, aber auch diese verlangten für ihre Ausführung gut funktionierende Reflexe und schnellstes Reaktionsvermögen - Eigenschaften, die mit dem Alter eher abnehmen.
Seine Bemühungen, geeignete Nachfolger für seine treuen Rentiere zu finden, waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Seitdem sie unter dem Schutz des WWF standen, durften seine Wichtel keine Wildtiere mehr zähmen, und die Einschränkung des Weidelandes hatte die Herden der Samen verkleinert. Diese waren nun auf jedes einzelne Tier angewiesen, um die strengen nördlichen Winter zu überleben, und konnten Klaus keines abgeben. Er sah sich gezwungen, Alternativen zu finden.
Dieser Idee kam ihm zum ersten Mal, als er sich plötzlich zwischen Wärmedämmung und Klicklaminat wiederfand statt vor dem erwarteten Kamin und nur dank seiner besonderen Fähigkeiten war es ihm gelungen, sich aus dieser Klemme zu befreien. Da die meisten Häuser und Wohnungen inzwischen über eine moderne Zentralheizung verfügten, sah sich Klaus schon seit längerem zu von der Tradition abweichenden Auftritten gezwungen.
Auch jetzt spielte er mit dem Gedanken, sich stilistisch ein wenig zu verändern. Oh nein, auf seinen wallenden weißen Bart, seine zerzausten Haare unter der roten Zipfelmütze, den roten Mantel und vor allem auf seinen Bauch würde er nicht verzichten; so weit würde er nicht gehen. Noch immer dankte er jeden Morgen beim Blick in seinen Kleiderschrank jenem unbekannten Werbedesigner, der ihm vor gar nicht so langer Zeit diese wesentlich auffälligeren Farben und den dazugehörigen gemütlichen Lebenswandel erlaubt hatte.
Inzwischen hatte sich dank der tatkräftigen Mithilfe von Eltern, Großeltern, Tanten und des Handels der Schwerpunkt seiner Aufgaben von der der Verteilung von Geschenken hin zu repräsentativen Auftritten verlagert. Eigentlich, so dachte Klaus, könnte er sich ein anderes Fortbewegungsmittel zulegen.
Wie jeder Mann dachte er da zuerst an ein Auto. Einen wunderschönen Sportwagen hatte er vor Augen. Natürlich einen roten, was denn sonst? Lässig sah er sich am Steuer sitzen. Ja, er würde die Straßen entlang brausen, schöne Musik hören – eine gute Anlage wäre ein absolutes Muss -, der Sack mit den Geschenken würde im Kofferraum ... Moment, welcher Kofferraum? Ein Sportwagen hat nichts, was diesen Namen verdiente! Also nochmal von vorn: Er würde die Straßen entlang brausen, schöne Musik hören – die gute Anlage würde den Sound kristallklar wiedergeben, einfach perfekt -, der Sack mit den Geschenken würde auf dem Rücksitze liegen ... Rücksitz? Naja, egal ... dann eben auf dem Beifahrersitz ... jedenfalls würde es Spaß machen, die Straßen entlang zu brausen, das eine oder andere Weihnachtslied mitzuträllern und sich einfach gut zu fühlen. Dann würde er lässig vorfahren, aus dem Wagen aussteigen ... okay, an dieser Stelle wurde der Tagtraum lächerlich.
Egal, wie er es drehte und wendete, als Weihnachtsmann cool und lässig oder zumindest würdevoll aus einem Sportwagen zu steigen, war einfach unmöglich.
Aber Klaus gab den Traum vom Auto nicht so schnell auf: vielleicht ein anderes Modell? In schneller Folge sah er sich in Amsterdam einen Parkplatz für seinen Geländewagen suchen, die Wichtel auf den Rücksitzen seines Vans raufen, die Stretchlimusine kam einfach nicht um die Kurven in den kleinen Gassen Wiens ... das reichte ihm. Kein Auto, er würde sich ja wohl nicht lächerlich machen. Und in Zeiten des Kampfes gegen den CO2-Ausstoß wäre dies vor allem auch das völlig falsche Signal.

Doch was dann?

Montag, 5. Oktober 2009

Alle paar Jahre wieder ... werden das Geheimnis, der Zauber des Dunklen wieder interessant und die Geschöpfe der Nacht erheben sich aus ihren Gräbern. Besonders Vampire scheinen die menschliche Phantasie anzuregen: ewig jung, reich an Erfahrung und Geheimnis ... und das (menschliche) Blut als Lebens - aeh Existenzgrundlage.

Das klingt durchaus sehr verführerisch, ich gebe es zu ... und ich gebe auch zu, dass ich diesem Zauber ebenfalls mehr oder weniger regelmäßig erliege.

Mich nerven lediglich diese Trendschreibereien ... und blasse, sprachlich unattraktive Vampirteeniestorys.

Nach "twilight" greifen jetzt die meisten Vampirliebhaber der jüngsten Generation verführt vom Buchcover zu diesen unsäglichen "Biss"-Romanen ... ja, ich habe hineingeschaut und gelesen - würde innerhalb gewisser Grenzen nichts ablehnen, was ich nicht kenne! Meinen Geschmack trifft es nicht!
Lesen ist toll ... auch schlechte Literatur ... ist immerhin lesen ... aber es gibt doch gute Vampirromane ... man versuche sich nur an den Werken der grande dame der dunklen Literaturromantik Anne Rice!

Montag, 28. September 2009

Traum?

Renovierung (inklusive Abschleifen dieses ekelhaften Ochsenblutrotes auf unseren Dielen, Ölen und Wandgestaltung) und Umzug sind endlich geschafft und wir in unserem neuen Heim angekommen ... dreifach HURRA ... und ich finde endlich Zeit, mich um die lang vernachlässigte Bücherkiste zu kümmern.
Bücherkisten ... mehr als 40 hatten wir davon ... und noch lange nicht genug *grinsel*. Nervigste Begleiterscheinung des Umzuges war die plötzliche Minimierung der zur Verfügung stehenden Bücher - shocking! In meiner Not (und zur Freude meines Mannes, da ich ohne regelmäßige Zufuhr von Lesestoff mehr oder weniger unerträglich werde) habe ich die Kiste mit Aufschrift "Perry Rhodan" geöffnet und (geistige? ^^) Nahrung zur Genüge gefunden.

Ich möchte mich hier nicht mit einer Erklärung, wer das eigentlich ist, aufhalten und auch nicht unbedingt mehr Worte als nötig über die seit 1961 wöchentlich erscheinende Science Fiction - Reihe verlieren. Die interessierte Leserin möge sich ebenso wie der geneigte Leser den Artikel zu Perry Rhodan auf Wikipedia durchlesen, die Perry Rhodan Homepage oder gleich die Perrypedia besuchen.

Mich faszinieren vor allem die in den einzelnen Geschichten und Figuren grundsätzlichen Gedanken, Vorstellungen und Hoffnungen. Ebenso ist es auch spannend, von einem Ereignis zu lesen, das für mich als reale Tatsache in der Vergangenheit liegt, für die Autoren damals jedoch noch Zukunftsmusik war: die Landung der Menschen auf dem Mond. (ja, ich weiß, dass es die einen oder anderen mehr oder weniger berechtigten Zweifel an der Wirklichkeit dieser Landung gibt; ich finde es ja selbst höchstinteressant, dass ausgerechnet die Aufnahmen, die diese beweisen könnten, aus dem NASA-Archiv spurlos verschwunden sind ;-))

Perrys großer Traum einer geeinten Menschheit, die sich nicht mehr in kleinkarierten Auseinandersetzungen mit den Nachbarn wegen Glaubens- oder gar Herkunftsunterschieden verliert, sondern auf höchsten moralischen und ethischen Grundlagen nach Mehrung von Wissen strebt ... ist mir sehr vertraut. Gerade das Bemühen dieses Großadministrators Terras, Fremden grundsätzlich freundschaftlich entgegen zu treten und eine Verständigung zu aller Wohl herbei zu führen, beeindruckt mich immer wieder. Natürlich ist dies für eine literarische Figur sehr leicht, aber es waren ja mindestens den Kalten Krieg erlebende Menschen, die diese Figur entwickelten. Vielleicht sollten sich unsere Politiker ein Beispiel an Perry nehmen ... ;-)

Neben der fast asketisch auftretenden Figur des Perry Rhodan sind die wichtigsten Figuren die Mitglieder des sogenannten Mutantenkorps und Atlan.

Die Entwicklung von Waffen auf Basis der Atomenergie, deren Erprobung und schließlich deren Einsatz ist sicherlich nicht für die Autoren einschneidend und inspirierend. Ebenso die Frage nach den Folgen für die Menschen. Während wir in der Realität mit sogenannten negativen Mutationen wie Missbildungen und Schädigung des Genmaterials konfrontiert werden, träumten die Autoren auch von positiven Mutationen, die verschiedene Fähigkeiten wie Telepathie und Teleportation mit sich bringen.
Perry Rhodan sucht diese Mutanten, um sich deren Hilfe bei der Verwirklichung seiner Träume zu vergewissern. Dabei kommt es vor allem in der Anfangszeit zu größeren Konflikten zwischen Mutanten und Nichtmutierten, welche die Mutanten als Monster ansehen und dabei vergessen, dass diese das Resultat des unverantwortlichen Umgehens der Menschheit mit der Atomenergie sind und selbst absolut nichts für ihre Mutation können.

Während die Teleportation als nützliches Werkzeug betrachtet und nicht weiter diskutiert wird, ist der Umgang mit Telepathen ungleich schwieriger. Allein die Idee, dass ein anderer Mensch die eigenen Gedanken lesen kann, so gern wir diese auch verbergen möchten, ist erschreckend. Aus dem Grunde wird immer wieder thematisiert, dass die Telepathen moralisch gefestigte und die Privatsphäre jedes Wesens respektierende Individuen sind. Ausnahme sind jene vereinzelten Wesen, die sich aufgrund ihrer Fähigkeiten als "Überwesen" begreifen und nach Macht streben.
Auch hier sehe ich Vorbilder für unsere Regierende: achtet doch unsere Privatsphäre bitte ebenso wie es John Marshall tut! Will heißen: selbst wenn über die nötigen Mittel verfügt wird, müssen die nicht eingesetzt werden!

Die mir bei weitem sympathischste und (nicht nur) für mich interessanteste Figur im Perryversum ist Atlan, der Einsame der Zeit. Dieser Arkonide war Lordadmiral und Kristallprinz des alten Arkonidenreiches und strandete bereits vor reichlich 10000 Jahren auf der Erde. Ein Zellaktivator und Tiefschlafphasen ermöglichten ihm das Überleben bis heute. Sein Leben und Wirken auf der Erden wird in den Atlan-Bänden, einer eigenständigen Reihe, die ich mit fast noch größerem Vergnügen verschlang, geschildert. Auch hier sei für Einzelheiten auf die Atlan betreffenden Einträge bei Wikipedia und Perrypedia verwiesen. Atlan, der Außerirdische, ist in manchen Belangen menschlicher als Perry Rhodan gestaltet - so leistet er sich Zweifel und Emotionen und vor allem den Luxus, nach diesen zu handeln.
In meinen Augen ist diese Figur ein Ausdruck des menschlichen Bestrebens und Wunsches mit der Antwort auf die Frage des Woher auch die Frage nach dem Wohin beantworten zu können.


Eines finde ich jedoch bemerkenswert: egal, wie weit fortgeschritten die menschliche Entwicklung auch geschildert wird und wie ausgebaut die Wirtschaft ... die Unsinnigkeit von Geld kam Perry Rhodan noch nicht in den Sinn ... aber das kann ja noch kommen ;-)
Gerade erst in das Perryversum eingetaucht, bin ich gespannt, welchen Wesen und Ideen ich noch begegnen werde - die menschliche Phantasie wird hoffentlich noch lange nicht erlahmen!


Angesichts des aktuellen Ergebnisses der Bundestagswahl verspüre ich derzeit verstärkt das Bedürfnis, mich in einen noch fern liegenden Traum für die Menschheit zurückzuziehen.

Montag, 20. Juli 2009

Hortensia

... Urlaubszeit ... und da im Moment die Bretagne noch etwas auf mich warten muss ... dann eben Blumen, die für mich den Urlaub nach Hause holen ...





wie immer: Das Bild "hortensia" von Schneeseefee steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.

Montag, 13. Juli 2009

ein Bild zum Roman

Einer meiner liebsten Künstler bei deviantart ein Bild veröffentlicht, dass für mich eine perfekte Illustration von Jane Austens Pride and Prejudice ist: eyelightzone auf deviantart

So stelle ich mir Elizabeth Bennett vor - wunderschön, stolz, stark, von Intelligenz, Schalk und Humor belebte Züge und dabei warmherzig und einfühlsam.

Die Farben des Bildes entsprechen für mich ebenfalls der liebevoll gestalteten und mit sanften Worten beschriebenen ländlichen Umgebung der zwar emotional geladenen aber trotzdem immer ruhig geschilderten Handlung.

Auch die Reduktion der abgebildeten Gegenstände auf das Wesentlichste erinnert mich stark an Jane Austen. Auch sie schildert lediglich die für das Verständnis der Handlung absolut notwendigen Szenen - da dreht sich der gesamte Roman um eine einzige Verlobung und die Missverständnisse auf dem Wege dorthin ... aber die Auflösung derselben, der Antrag und die folgende Hochzeit sind nur noch wenige Sätze wert.
Wunderbar.

Die mit Jane Austen verbrachten Stunden gehören mittlerweile zu den amüsantesten und entspannendsten in letzter Zeit ...

Nachtrag:
Was mich an Jane Austen besonders reizt, sind ihr Humor, ihre Feinsinnigkeit und die mit scharfen Blick gesehene und oft mit beißender Ironie wiedergebenen Szenen des englischen Landadels ihrer Zeit. So sind ihre Werke keinesfalls nur als erbauliche Lektüre heiterer alter Damen zu sehen.
Ihre Beherrscuhng ihrer Sprache und ihre Eloquenz sind der Grund, weshalb sie oft und völlig zu Recht mit Shakespeare in einem Atemzug genannt wird. In der deutschen Literatur fällt mir lediglich Theodor Fontane ein, der ähnliche Begabungen zeigt.

Schlussfolgerung? LESEN, LESEN, LESEN! ;-)

Mittwoch, 8. Juli 2009

druschba

Freundschaft - kaum ein Wort habe ich in meiner Kindheit öfter gehört als dieses.

Der Geschmack, der Duft dieses Wortes ... für mich wie Schokoladeneis mit einem Hauch Chili und ganz viel frischen Kirschen ... nach Rotwein duften ... erfrischend wie ein Sommergewitter ... vertraut sein wie der Teddybär aus Kindertagen und behaglich wie ein Kaminfeuer im Winter.

Wechselseitiger Respekt, tiefempfundenes Verständnis, Vertrautheit, Interesse und eine innige Zuneigung sind für mich die notwendigen Zutaten. Freundschaft ist Arbeit. Sie muss gehegt und gepflegt werden ... und es bedarf der ständigen Kommunikation - selbstverständlich jenseits des "na, wie geht's, was machst Du so, findest Du es nicht auch unerträglich heiß?".

Freundschaften können anstrengend sein - etwa wenn eine Freundin verliebt ist und alle Eigenschaften des Zielobjektes minutiös immer wieder durchgesprochen werden müssen ... oder eine Freundin ist schwanger und kennt neun Monate lang kein anderes Thema als das werdende Leben ... oder ein Freund hat gerade eine dunkle Phase und spricht wochenlang nur über seine Probleme ... oder oder oder ... natürlich ist es nervig, zeitraubend und anstrengend, wenn wenige Themen immer wieder hervorgeholt und besprochen werden müssen. ABER sind Freunde nicht auch dazu da, um einem zur Seite zu stehen und zu helfen, richtige Antworten zu finden? Unabhängig wie lange dies dauern mag?
Selbstverständlich darf über die eigenen Interessen das Gegenüber nicht vergessen werden - die Frage nach dem Befinden ist für mich keine Höflichkeitsfloskel sondern Interesse ... logisch, oder? Freundschaft ist ein Geben und Nehmen.
Leider begegnet man in seinem Leben nur zu oft "Schönwetterfreundschaften", die sich - egal, wie tief und eng sie sich anfühlen mögen - bei den ersten Anzeichen spätestens jedoch nach einer längeren Regenphase still aus dem Leben verabschieden.

Kaum etwas trifft mich mehr als das Erkalten einer einstmals groß gefühlten Freundschaft und das hilflose Zusehen bei einer solchen Entfremdung. Zu einer Freundschaft gehören zwei, weswegen einer allein nur wenig tun kann, sie zu erhalten, wenn der andere kein Interesse daran hat.

Meistens ... nur zu oft sind solche Brüche die Folge von Missverständnissen ... also mangelnder Kommunikation. An diesen Stellen frage ich mich: ist denn das "Miteinanderreden" nicht das Genialste an einer Freundschaft? Wieso sind die wenigsten in der Lage, ihre Gedanken zu formulieren und auszusprechen? Wieso nehmen die meisten an, sie kennen die Reaktion des Freundes auf eine (kritische)Äußerung?
Ist diese Annahme nicht ziemlich anmaßend? Und schlussendlich auch respektlos?
Wie weit lässt sich dann von diesem Verhältnis als Freundschaft sprechen?

Die Literatur ist voll von Geschichten über Freundschaft - es gibt nicht ganz soviele wie über Liebe ... aber doch schon einige. Und meistens wird über Freundschaften unter Frauen oder Freundschaften unter Männern geschrieben.

Existiert denn zwischen einem Mann und einer Frau keine Freundschaft? Spielt denn das Jäger-Beute-Schema immer eine Rolle? Die einzige zwischengeschlechtliche Freundschaft, die gesellschaftlich angenommen und fast schon zum Klischee wird, scheint die zwischen einem schwulen Mann und einer Frau zu sein.

Es gibt eine ganze Menge zu diesem Thema zu lesen: Krimis, Novellen, Romane, Gedichte ... fast genausoviel wie zur Liebe.

Für mich gibt wohl kaum einen Schriftsteller, der phantastischer, eindringlicher und lebendiger über Freundschaft schreiben kann als der Großmeister selbst: J.R.R. Tolkien.

Spätestens seit der Verfilmung seines Hauptwerkes Der Herr der Ringe ist dieser Name jedem nichtlesenden Kinogänger ein Begriff. Leider jedoch ist diese Verfilmung zwar voll von baombastischen Bildern und schönen Anblicken, degradiert diese wunderbare Geschichte über Freundschaft jedoch zur Hintergrundmusik einer platten Hollywood-Liebesschnulze.

Ich erspare mir an dieser Stelle eine Inhaltsangabe - die geneigte Leserin möge sich bitte ebenso wie der geneigte Leser ein eigenes Bild verschaffen und diese Bücher selbst lesen - vorzugsweise im englischen Original - denn egal, wieviel und wie ausführlich ich schreibe und wie lange ich auch an meiner Wortwahl feilen mag, wird eine Zusammenfassung diesem Werk niemals gerecht werden und dies auch gar nicht können. Dieser Oxford-Professor hat sich nämlich den heimlichen Traum eines jeden Menschen erfüllt: er hat seine eigene Welt erschaffen, sie bevölkert, Sprachen entwickelt und ihr sogar eine eigene Schöpfungsgeschichte (nachzulesen im Silmarillion) erdacht.

Zu der Gemeinschaft des Ringes gehören auch der Elb Legolas und der Zwerg Gimli. Naturgemäß ist keiner von beiden über die Anwesenheit des anderen erfreut - haben sich doch die Elben und Zwerge längst verzankt und hegen einen uralten Groll gegen einander.
Hier treffen zwei Gegensätze aufeinander: die Verkörperung der Idee von Weisheit, Ruhe, Wissen, Unsterblichkeit und Schönheit auf der einen Seite ... laute und geschickte Handwerker, Rauhigkeit, Ungeduld und Geradlinigkeit auf der anderen. Nicht umsonst sind die beiden auch äußerlich so grundverschieden: der hochgewachsene, feingliedrige, zarte Elb und dagegen der stämmige, kräftige und wilde Zwerg.
Zwischen diesen beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die alle Vorurteile und Vorbehalte überwindet - ja, sie lernen einander so gut kennen, dass sie sich gegenseitig ihre Welt zeigen: Gimli den lebenden Stein in Helms Klamm und Legolas Fangorn.

Freundschaft braucht - so wird oft gesagt - immer ein verbindendes Element. Was ist es bei diesen beiden? Das Offensichtliche? Ihr Geschlecht?
Nun, Rollenspieler wissen, dass am Äußeren Zwerginnen und Zwerge nicht voneinander zu unterscheiden sind. Woher nehmen wir also die Gewissheit, dass Gimli männlich ist? Gimli ist ein Zwerg. Manchmal denke ich bei den beiden an meinen besten Kumpel und mich (auch wenn die Besetzung meiner Position mit der des Zwergen nicht unbedingt schmeichelhaft für mich ist, aber ... hey, er wird immer wieder mit Legolas verglichen ;-)) ... unsere Freundschaft ist für viele Außenstehenden scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. Und warum? Der unterschiedlichen Geschlechter wegen ... und es gibt noch nicht einmal die Erklärung "Homosexualität". Unglaublich? Tatsache!

Die Verbindung dieser beiden unterschiedlichen Charaktere ist für mich ihre Bereitschaft, ihr Leben füreinander und ihre Gefährten einzusetzen. Warum sie das tun? Zu Beginn mag es die Einsicht um die Wichtigkeit von Frodos Fahrt gewesen sein und das Wissen, dass dies die einzige Chance für ihre Zukunft und das ihrer Lieben ist. Aber im Laufe der gemeinsam erlebten Abenteuer und durchgestandenen Gefahren ... wurde diese ursprüngliche Zweckgemeinschaft zu einem Bund von Freunden.

Wie sagt Gimli zu Beginn der Schlacht? Dass er nie gedacht hätte, an der Seite eines Elben zu sterben. Und Legolas' weise Antwort "Wie wäre es Seite an Seite mit einem Freund?". Schmalzig, ich gebe es zu ... aber ... an der Stelle geht mir das Herz auf - viel weiter als bei jeder Liebesszene zwischen Arven und Aragorn - ... und auch Gimli ist sichtlich bewegt.

Diese Stelle habe ich immer wieder vor Augen, wenn ich mir die Freundschaft anderer bewusst wird - ein Geschenk!

.... natürlich habe ich mir bei diesem Loblied genau ein einziges Freundschaftsband herausgesucht ... (eben wegen der erwähnten Ähnlichkeit ^^) ... es gibt viele, viele mehr ... allein unter den Hobbits beispielsweise.

Samstag, 4. Juli 2009

stop the world, I wonna jump!

In den letzten Tagen und Wochen mehren sich die für mich traurigen Nachrichten in der Presse.
Amgefangen hat es mit dem Begräbnis unserer Demokratie Mitte Juni, erwischte mich an meiner emotionalen Stelle mit dem Tode eines meiner Jugendidole und allzeit verehrten Musiker Michael Jackson ... und erreicht nun mit der Kunde vom Doping der Claudia Pechstein einen neuen Tiefpunkt.

Ja, ich gehöre zu der Minderheit, die sich leidenschaftlich gern anschaut, wie erwachsene Menschen in hautengen Anzügen zu zweit im Kreise fahren ... und eigentlich einfach nichts passiert ^^. Für mich ist dieser Sport immer Ausdruck der alten Frage "Kraft oder Technik?" gewesen ... und weil auch ich bis zu meinem Wegzug eben im Eisschnelllauf Leistungssportlerin im Berliner Sportforum war - nein, ich habe weder Pillen schlucken müssen noch irgendwelche Spritzen über mich ergehen lassen.

man man man ...

... und nochmals ja, ich weiß, im Leistungssport ist Doping spätestens auf internationale Ebene notwendig, obligatorisch und vor allem ... normal, aber frau wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?



Aktuelle Buchempfehlung: Schöne Scheine von Terry Prattchet ... passt wunderbar zur immer wieder beschworenen Bankenkrise ;-)




... solche Schönheit ... gibt mir immer wieder den Glauben zurück ;-)


ach ja: Das Bild "only this moment" von Schneeseefee steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.

Montag, 29. Juni 2009

white night fantasy




ich liebe dieses Bild, was sagt ihr?


Das Bild "white night fantasy" von Schneeseefee steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.

... still sad about Michael! Ruhe in Frieden ... bzw. viel Spaß mit Elvis und Freddie!

Dienstag, 9. Juni 2009

juchu

ab nächste Woche gibts mehr Platz für Bücher ... natürlich erst nachdem Dielen abgezogen und neu lackiert, Tapeten geklebt, gemalt und überhaupt die Bücherregale aufgebaut wurden ... am liebsten würde ich sofort damit beginnen ;-)

Montag, 8. Juni 2009

Weltengänger

Stell Dir vor, liebe Leserin - oder bist Du gar ein lieber Leser? dann stell auch Du Dir vor - Du kommst nach einem langen Tag nach Hause und Deine Wohnung sieht ganz anders aus als Du sie am Morgen verlassen hast. Gut, dass das funktioniert, zeigen diverse Wohnungumgestaltungsdokus immer wieder. Zwar entweder nur ein Zimmer oder in einem etwas größerem Zeitrahmen, aber wer weiß, was alles geschafft werden kann, wenn nur genug Menschen richtig ranklotzen.
Wie dem auch sei ... die Umgestaltung der Wohnung ruft ein leises Stirnrunzeln hervor - schließlich gefiel Dir Deine Einrichtung bislang wesentlich besser als diese Anpassung an die derzeit grassierende Vorliebe für die 50er Jahre; selbst wenn noch ein paar Originale aus jener Zeit aufgetrieben wurden. Aber noch bist Du ruhig und fragst Dich nur, was dieser Blödsinn eigentlich soll. Im Geiste gehst Du die Freunde und Verwandten durch, die Dir einen solchen Streich spielen könnten und würden, meinst dies aber nicht ganz ernst, denn im Grunde ist Dir klar, dass keiner aus Deinem Bekanntenkreis etwas mit dieser wundersamen Wandlung zu tun hat.
Dann werden Dir auf einmal Tellerklappern und das unverkennbare Geräusch laufenden Wassers in der Küche bewusst. Kurz überlegst Du ... aber nein, der zweite Wohnungschlüssel hängt ja seit zwei Wochen wieder an Deinem Schlüsselbrett. Plötzlich läuft es Dir kalt den Rücken hinab: Einbrecher? Und sogar noch in der Wohnung? Aber welcher Einbrecher würde in einer fremden Wohnung Geschirr spülen? Langsam steigt Panik in Dir auf ...

Für Kirill Danilowitsch kommt es noch viel schlimmer: nicht nur seine Wohnung wurde komplett umgestaltet, sondern es stellt sich heraus, dass seine Wohnung seit drei Jahren nie anders ausgesehen hat und die Einbrecherin Papiere vorlegen kann, die sie unzweifelhaft ebenso lange Zeit als Eigentümerin dieser Wohnung ausweisen. Selbst seine Nachbarn, die zunächst die Miliz riefen und bereitwillig zugunsten Kirills aussagten, ziehen sich immer mehr auf vage Äußerungen zurück.
Es ist wenig verwunderlich, dass auch Kirills Bekannte und Freunde ihn langsam aber sicher vergessen. Sein Arbeitgeber hat noch nie etwas von ihm gehört, bietet ihm jedoch angesichts chronischer Unterbesetzung sofort Arbeit an.
Seine erste Reaktion ist "typisch russisch" (Lukianenko; Wächterzylus): ein Besäufnis mit seinem Kumpel Kotja. Die Ernüchterung kommt schnell - auch Konstantin (er-)kennt Kirill trotz elektronischer Aufzeichnungen irgendwann nicht mehr. Als sich auch noch seine Papiere in Luft auflösen und selbst seine Eltern nicht mehr an seine Existenz erinnern können, ist Kirill ganz allein.
Wohin sollte er sich im Moskauer Winter wenden?
Unter diesen Umständen hat Kirill auch nichts besseres zu tun, als der Wegbeschreibung eines Unbekannten zu folgen. Er gelangt zu einem schon lange nicht mehr betriebenen Wasserturm in einem Industriegebiet am Stadtrand.
Es dauert gar nicht lang, bis Kirill diesen als seinen neuen Wohnsitz akzeptiert. Seine damit einhergehenden Aufgaben sind denkbar leicht: Türen öffnen und hinter Reisenden schließen.
Reisende? Wohin? Und warum?

Sonntag, 7. Juni 2009

doors of berlin

Im Rahmen eines Contests ... "doors of ... " ... bei deviantart. Bedingung ist: 9 Haustüren in einer Straße am gleichen Tag zu fotografieren und zu einem Quadrat zusammenzubasteln.

Hier mein Beitrag:

Sonntag, 24. Mai 2009

Beelitz Heilstätten

Über den zwischen 1898 und 1930 entstandenen Krankenhauskomplex möchte ich gar nicht soviele Worte verlieren ... sondern vielmehr und viel lieber Bilder zeigen:

http://cunya.deviantart.com/gallery/#Beelitz

Na, was sagt ihr?

Donnerstag, 21. Mai 2009

new avatar

Mein Liebster hat sich gestern, während ich mit zwei Kollegen ausging und die Nacht durchfeierte, hingesetzt und mir einen neuen Avatar gebastelt ... eine geflügelte Null mit Heiligenschein, Hörnern und Teufelchenschweif.





Lediglich die Null bedarf einiger Erklärungen ... *grinsel* ... weit entfernt nichtsnutzig zu sein, ist die Erfindung der Ziffer Null in grauer Vorzeit eine der größten Leistungen der altertümlichen Mathematiker gewesen: völlig unbedeutend bei Addition und Subtraktion, absolut verboten in der Division (für alle außer für Chuck Norris ^^) aber allmächtig bei der Multiplikation ... ja selbst zur Potenz erhoben führt sie zu einer anderen sehr wichtigen Ziffer: der 1.

Und philosophisch betrachtet ... da existiert also ein Zeichen dafür, das nichts existiert ... das Sein des Nichts!

Ist das nicht ... unglaublich?


... oder man betrachtet das Zeichen in der Mitte als ein Q ... der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt ;-)

Mittwoch, 20. Mai 2009

hdr

erstmal in eigener Sache ... was sagt ihr zu folgendem Bild:



Aufnahme im zentralen Badehaus der Beelitz Heilstätten




hmm ... hdr ...


was ist das eigentlich?

hdr steht für high dynamic range ... die entsprechenden Bilder verfügen über einen wesentlich größeren Datenumfang als "normal" aufgenommene Photos. Dadurch werden Kontraste verstärkt und Details hervorgehoben.



Ganz wichtig ist bei hdr deshalb, dass die aufgenommenen Bilder auf der Kamera nicht im jpeg-Format gespeichert werden, sondern am besten im RAW-Format bzw. in *.orf, um soviele Bildinformationen zu erhalten wie möglich.



Klassischerweise ... nehme ich ein Motiv mit 5 verschiedenen Blendeneinstellungen bzw. Belichtungszeiten auf. Dann habe ich zwei unter-, zwei über- und ein normal belichtetes Bild. In einem Graphikbearbeitungsprogramm meiner Wahl (entweder gimp oder photoshop) lege die fünf Bilder in einzelnen Ebenen übereinander ... wobei der Modus des Übereinanderlegens nach Bedarf (also normal, multiplizieren ... oder je nach Ausprobieren) ebenso variiert wie die jeweilige Deckkraft .... fertig ist das klassische hdr ^^
Viel Anleitung kann ich da nicht geben, da ich meistens nur solange mit Reglern und Einstellungen spiele, bis mir das Ergebnis gefällt.



Alternativ kann man auch Programme verwenden, die dieses Zusammenbasteln übernehmen. Möglichkeiten sind photomatix oder die freie Alternative qtpfsgui.



Mit Hilfe von Programmen wie CameraRaw lässt sich aus einer Aufnahme mit Variation der Belichtung künstlich die benötigte Belichtungsreihe herstellen.



... sry für diese späte Reaktion .. hier war privat irgendwie ne Menge los und ich habs wirklich verpennt!

Sonntag, 29. März 2009

sonntäglicher Spaziergang ...



die ersten Frühjahrsblüher .... ich mochte die Farben!




... und meine ersten Versuche mit hdr



... irre, was man aus einem nichtssagenden Photo mit der richtigen Nachbearbeitung machen kann ...

Frage: ist diese Photoausbeute erfreulich?




... für Broken ....

Sonntag, 22. März 2009

Liebes Tagebuch,

erinnerst Du Dich noch, wie ich Großmutters Stiefel auf dem Dachboden fand?
Ein wenig Schuhcreme, bisi polieren ... supergoil ... fast wie neu ... schon eingetragen, kaum Blasen ... einfach ein Traum ... schwarzes Leder ... beschlagene Absätze ... Highheels ... geschnürt bis über die Knie ... was stört es, dass ich ne halbe Stunde brauche, um sie anzuziehen ... eine Dame hat das Recht, sich ein wenig zu verspäten ... je mehr, desto eigenwilliger ist sie ... nur zu sehr darf es nicht sein. Balance ist wichtig. Balance und Stil ... darauf kommt es an.

Bedingen die beiden sich nicht sogar?
Kann man Stil ohne Balance haben? Balance ohne Stil funktioniert ... das ist alltäglich, das ist pure Langeweile!

... aber ich hab mich verheddert ... verheddert wie auch in meinen Schnürsenkeln.

Ist Dir das auch schonmal passiert? Vielleicht als kleines Kind noch? Dass Du in Deinen Schnürsenkeln einen Knoten hattest, den Du einfach nicht mehr lösen konntest? Vielleicht sogar ein ganzes Batallion Knoten ... Du willst los, hast Dich schon verspätet ... aber Du kannt die Schuhe weder ordentlich schnüren noch wieder ausziehen ... überkniehohe Stiefel sind einfach lächerlich, wenn sie nicht ordentlich geschnürt wurden.

Also sitzt Du da ... knüpperst am Knoten rum, brichst Dir einen Nagel nach dem anderen ab ... Deine Bahn ist auch schon längst weg ... heiße Wuttränen schießen in Deine Augen, denn auch der wütende Tritt gegen die Tür schmerzt ... schimpfst mit Dir ... schließlich ist es einfach lächerlich ... ein Schnürsenkel raubt Dir die Fassung???

Trotzdem ... der Stiefel hockt an Deinem Bein ... und irgendwie wird er trotz aller Bequemlichkeit langsam eng ... und heiß wird es auch noch ... Du kannst förmlich spüren, wie sich der Dein Fuß und Deine Wade ausdehnen, quetschen ... Schweiß kitzelt unter Deiner Sohle ...

Was tut ein schlauer Mensch in einer solchen Situation?

Richtig ­ sie schließt die Augen, atmet ein paar Mal tief durch, holt sich ein Glas kaltes Wasser und ein Buch. Vorzugsweise "Das Focaultsche Pendel" ­ ohne Konzentration und Ruhe ist das nämlich ein wirres Durcheinander ... man beraubt sich sämtlicher Lesefreuden ...

... und am Ende kommt die Idee ...

Eine Schere.

Eine Schere???

ICH soll MEINE Stiefel untragbar machen??? meine geliebten Stiefel??? Großmutters Stiefel!
Lieber sitze ich noch eine Weile hier rum ... lese ... trinke Wasser ... pule ab und zu halbherzig am Knoten ...

... aber irgendwann ist auch der letzte Fingernagel abgebrochen ... irgendwann wird die Bank, auf der Du sitzt wirklich unbequem ... Po und Rücken schmerzen, Dein Bein ist eingeschlafen ...

Die Schere lockt ... glitzert im Licht der Deckenbeleuchtung ... kühl liegt sie in Deinen Händen ... langsam erwärmt sich das Metall ... der Fremdkörper wird zum Freund.

... RITSCHRATSCH ... die Entscheidung ist getroffen ... ich bin frei ... der Knoten ist durch!

Freitag, 20. März 2009

Metro 2033

Seit rund vierzehn Tagen liegt hier ein mehr als 750 Seiten starker Wälzer, den ich Taschenbuch zu nennen nicht wage. In großen roten Lettern steht "Metro 2033" auf schwarzem Grund; kleiner und in weiß darüber der Name des Autors: Dmitri Glukhovsky.

Bis gestern griff ich in den letzten Tagen lieber zu Agatha Christies vertrauten Figuren und erfreute mich an deren Scharfsinn. Das allzu euphorische Versprechen, dass dieser Roman ähnlich faszinierend und packend sei wie die Wächter-Reihe von Sergej Lukianenko, schreckte mich ab.
Auf Drängen meines Mannes las ich gestern doch mehr als die erste Seite ... und war gefesselt.

Im Mittelpunkt steht - der laut Inhaltsangabe im Klappentext Anfang 20jährige; nach Zusammensetzen der Bruchstücke und Informationen aus dem Roman bereits das Ende der 20er erreichende - Artjom.

Ein Krieg, der vor rund 25 Jahren endete, und die daraus resultierende Strahlung vertrieb die Überlebenden in den Untergrund Moskaus. In den Stationen des inneren Metroringes finden sich die Menschen zusammen und ordnen ihr Zusammenleben unter den gegebenen Umständen. Die Strahlung draußen verursacht Mutationen in der Tier- und Pflanzenwelt, welche auf der Suche nach Nahrung und Unterschlupf die einfachen Siedlungen bedrohen. Es kommt - wie bei Menschen eben so üblich - zu Auseinandersetzungen und Kämpfen, denn die Frage nach dem Weg des sichersten Überlebens beantwortet jeder für sich und die seinen anders. Mit der Zeit entwickeln sich verschiedene Formen - es finden sich Händler nach dem Vorbild der alten deutschen Hansestädte, Faschisten, Revoluzzer, verschiedene Sekten, Kannibalen ... und schließlich ganz im Zentrum die sagenhafte Polis. Die einzelnen Stationen sind durch die alten Metrotunnel miteinander verbunden - manche passierbar, andere nur unter großen Gefahren, die meisten jedoch mehr oder weniger blockiert.

Artjom, der in einer der Randstationen groß wird, wo die Bewohner sich immer wieder gegen ungebetene Besucher wehren müssen, gibt einem Fremden sein Wort, dessen Auftrag zu beenden und sich im Falle seines Todes zur Polis durchzuschlagen, um einen Menschen namens Melnik zu treffen.
Es kommt wie es kommen muss ... und Artjom, der bislang seine Station nie länger verlassen hat, geht los.

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Der Roman fesselt - wie gesagt, ich habe gerade einen Tag gebraucht, um das Buch komplett zu verschlingen. Einige Stellen reizten zum Lachen, wie beispielsweise der Versuch, die Oktoberrevolution mit des Teufels Einfluss zu erklären. An anderen Stellen lief es mir kalt den Rücken hinab.

Ich glaube, Dmitri Glukhovsky ist ein großer Fan von Stanislaw Lem gewesen - vieles erscheint mir zumindest vertraut. Zum Beispiel die Grundidee: was Menschen fremd ist, das wollen sie vernichten. Okay, Lem hat dazwischen noch die Stufe des Verstehenwollens eingefügt, aber das Ergebnis bleibt das Gleiche.

Den Vergleich zu Sergej Lukianenko würde ich im Widerspruch zum Klappentext nicht ziehen wollen - allerhöchstens insofern, dass auch Dmitri Glukhovsky ein zeitgenössischer russischer Schriftsteller ist, der Science Fiction - Literatur schreibt. Aber wahrscheinlich war Lukianenko der einzige andere Schriftsteller dieses Genres mit den genannten Attributen, der dem Verfasser dieses Textes noch einfiel. Dass dieser Mensch das Buch überhaupt gelesen hat, bezweifle ich immer mehr - warum wird eigentlich nicht der Autor selbst um eine kurze Inhaltsangabe gefragt? Der weiß schließlich am besten, wovon er geschrieben hat!
Im Gegensatz zur Lukianenko, der sich immer wieder mit den großen Fragen der Menschen nach dem Woher, dem Wohin und dem Warum beschäftigt, steht bei Glukhovsky meiner Ansicht nach das (menschliche) Zusammenleben im Mittelpunkt.

In der deutschen Wikipedia finden sich derzeit zu Dmitri Glukhovsky folgende Informationen:
Dmitry Glukhovsky (russisch Дмитрий Алексеевич Глуховский/Dmitri Alexejewitsch Gluchowski; * 12. Juni 1979 in Moskau) ist ein russischer Science Fiction-Autor der Gegenwart. Bekannt geworden ist er durch seinen Erstlingsroman Metro 2033, der in der Moskauer Metro spielt, dem letzten Zufluchtsort weniger Überlebender nach einem verheerenden Atomkrieg. Glukhovsky hat in Jerusalem internationale Beziehungen studiert und arbeitete als Journalist für Russia Today und die Deutsche Welle.
Ich denke, das nachfolgende Buch Metro 2034 werde ich mir auf jeden Fall besorgen und unter Umständen auch Zwielicht.

Donnerstag, 19. März 2009

Urlaubsträume ...

Am vergangenen Sonntag lockte die itb mit Urlaubsverheißung. Dank Freikarten hatten wir zu viert das Vergnügen. Leider sahen das auch insgesamt 160k andere Menschen so - ein Viertel davon am Sonntag. Angesichts der Menschenmassen, die da bepackt mit Tüten und Rollis hinter sich herziehend durch die Messehallen wuselten, frage ich mich, was die alle mit unzähligen Katalogen wollen. Allzu viele Geschenke gibt es ja nicht mehr.
Die Photoausbeute war für mich nicht der Rede wert - nachdem mich eine Mama für ein Bild aus dem Handgelenk angefahren hat. Wohl gemerkt nicht für die Tatsache des Photos, sondern dafür, dass es aus dem Handgelenk war ... kranke Dame! Jedenfalls hatte ich danach irgendwie keinen Bock mehr.
Scheinbar sehe ich für die Aussteller auch nicht nach einer potentiellen Kundin aus ... dabei hätte ich stundenlang von Reisen mit dem Orient-Express oder der Transsibirischen Eisenbahn hören können.
Ich glaube, zu unserem 20. Hochzeitstag könnten wir uns die Reise, auch wirklich leisten. Mit dem Orientexpress quer durch Russland mit einem Schlenker über Usbekistan und die Mongolei nach China ... und in jeder Stadt mindestens drei Tage Aufenthalt für Erkundungen - ein (teurer) Traum! Wahrscheinlich könnten wir uns bis dahin auch darauf einigen - und ich dachte, die Hochzeitsvorbereitungen waren schwierig.

Meine Nervennahrung der vergangenen Woche lieferte die unvergleichliche Agatha Christie. Miss Marple und Hercule Poirot leisteten mir treu Gesellschaft.
Ist schon komisch - wenn das eigene Leben gerade einige Rätsel bereithält und man sich bemüht, den einen oder anderen Knoten zu lösen ... dann zieht es mich zu Krimis und der Freude, auf den letzten drei Seiten eine klare Antwort auf alle aufgeworfenen Fragen zu bekommen.

Dienstag, 10. März 2009

Auch ein paar andere hatten die Idee ...


Vergangenen Sonntag lockte uns das Neue Museum - gänzlich leere Räume wollten besichtigt und photographiert werden. Allein, wir waren nicht die einzigen, die an diesem Novembertag im März ein kostenloses Vergnügen suchten. Die Schlange der Neugierigen reichte beinahe einmal rund um den Lustgarten.


Da wir keine Lust hatten, uns in die Reihe der Wartenden einzureihen, beschlossen wir, statt der geplanten schönen Architektur Menschen auf ihrem Sonntagsausflug einzufangen. Der Spaziergang über den Flohmarkt am Mauerpark eine Woche zuvor hatte soviel Spaß gemacht und wir erhofften uns eine ähnlich reiche Ausbeute. Allerdings wurde es nach einem Morgen mit blauem Himmel immer regnerischer und grauer ... und mehr als Aufnahmen von bunten Regenschirmen wollten mir einfach nicht gelingen.
Langsam geht mir dieses trübe Wetter auf den Geist; es wird Zeit für den Frühling und sein zartes Grün! Auch die Modeindustrie scheint uns im Trüben hängen zu lassen - als sehr farbenfroh sind diese Anoraks, Parker und Mäntel derzeit nicht zu bezeichnen.

Vor dem Bode Museum versteckt gelangen doch noch einige feine Schnappschüsse; meine nassen Füße jedoch mahnten zur Rückkehr.

Daheim stellte sich eine vertraute Frage: volle Bücherregale ... und trotzdem will sich das zur Stimmung passende Buch nur schwer finden lassen. Meine Wahl fiel diesmal auf Dshamilja von Tschingis Aitmatow.
Irgendwo im Tal des Kukureuflusses, im Sommer des dritten Kriegsjahres 1943 hat sie sich abgespielt, die "schönste Liebesgeschichte der Welt" (Louis Aragon). Said, der damals Fünfzehjährige, der nicht wusste, wie Liebe sich zuträgtm erzählt sie mit großem Erstaunen.

Soweit der Klappentext, der wie immer alles und nichts verrät. Zur Liebesgeschichte muss nichts mehr gesagt werden; das hat Louis Aragon bereits treffend formuliert. Gefesselt haben mich die zarten und unschuldigen Farben, mit denen Said das Bild des kleinen Auls vor meinen Augen entstehen lässt. Ganz nebenbei erfährt der Leser auch Einzelheiten aus dem Leben im zentralasiatischen, nordöstlichen Kirgisien und den alltäglichen Sorgen der Bewohner dort in den Anfängen des Sozialismus, die jedoch nur nebensächlich erwähnt werden.
"Hier in diesem hochmütigen Paris, das alles gesehen, alles gelesen, alles erlebt hat, merke ich plötzlich, dass mir Werther, Berenice, Antonius und Kleopatra, Manon Lescaut, die Education sentimentale oder Dominique nichts mehr bedeuten, weil ich Dshamilja gelesen habe" schreibt Louis Aragon in seinem Vorwort.

Auch mit diesen Worten Louis Aragons bin ich vollkommen einverstanden und es ist ihnen nichts weiter hinzuzufügen als dass selbst im regnerischen grauen Berlin mir das Herz aufging und ich in der Tulpe auf meinem Schreibtisch den Frühling erahnte.

Erschienen ist diese Liebesgeschichte als Taschenbuch im suhrkamp-Verlag.

Freitag, 27. Februar 2009

Die Geschichte beginnt ...

Bücher begleiten mich, solange ich zurückdenken kann. Was mich an Büchern so sehr fesselt, wollte ich an dieser Stelle mit Hilfe eines passenden Zitates erklären, aber solange ich es noch nicht wiedergefunden habe, muss ich es selbst versuchen.

Bücher sind meine treuesten Freunde – sie geben mir Halt und Trost, begleiten mich auf Reisen und empfangen mich vor allem nicht mit Vorwürfen, wenn sie eine Weile ohne mich auskommen müssen.
Bücher können mich zum Weinen bringen und zum Lachen, sie lassen an einem typischen Novemberregentag die Sonne aufgehen und mich im Hochsommer frösteln. Mit ihrer Hilfe habe ich an der Schlacht um Mittelerde teilgenommen, bin mit Amazonen geritten und zum Mond geflogen, habe den Himmel entdeckt, mit Gucky Freundschaft geschlossen, mit Pontius Pilatus gefrühstückt und das Geheimnis der Karten ergründet. Manche ließen mich auch erschaudern und fachten meine Angst im Dunklen an. Dann lauerten wieder Löwen unter dem Bett und jedes Knarren ließ Geister aus den Schatten hervortreten.

Es ist sicherlich nicht verwunderlich, dass ich in meinem Traumnest weniger ein Wohnzimmer als vielmehr eine kleine Bibliothek einrichten würde – mit gemütlichen Sesseln und einer Fletzelcouch vor dem Kamin, einer kleinen Bar in einem Globus versteckt … und vielen, vielen Büchern.