Montag, 28. September 2009

Traum?

Renovierung (inklusive Abschleifen dieses ekelhaften Ochsenblutrotes auf unseren Dielen, Ölen und Wandgestaltung) und Umzug sind endlich geschafft und wir in unserem neuen Heim angekommen ... dreifach HURRA ... und ich finde endlich Zeit, mich um die lang vernachlässigte Bücherkiste zu kümmern.
Bücherkisten ... mehr als 40 hatten wir davon ... und noch lange nicht genug *grinsel*. Nervigste Begleiterscheinung des Umzuges war die plötzliche Minimierung der zur Verfügung stehenden Bücher - shocking! In meiner Not (und zur Freude meines Mannes, da ich ohne regelmäßige Zufuhr von Lesestoff mehr oder weniger unerträglich werde) habe ich die Kiste mit Aufschrift "Perry Rhodan" geöffnet und (geistige? ^^) Nahrung zur Genüge gefunden.

Ich möchte mich hier nicht mit einer Erklärung, wer das eigentlich ist, aufhalten und auch nicht unbedingt mehr Worte als nötig über die seit 1961 wöchentlich erscheinende Science Fiction - Reihe verlieren. Die interessierte Leserin möge sich ebenso wie der geneigte Leser den Artikel zu Perry Rhodan auf Wikipedia durchlesen, die Perry Rhodan Homepage oder gleich die Perrypedia besuchen.

Mich faszinieren vor allem die in den einzelnen Geschichten und Figuren grundsätzlichen Gedanken, Vorstellungen und Hoffnungen. Ebenso ist es auch spannend, von einem Ereignis zu lesen, das für mich als reale Tatsache in der Vergangenheit liegt, für die Autoren damals jedoch noch Zukunftsmusik war: die Landung der Menschen auf dem Mond. (ja, ich weiß, dass es die einen oder anderen mehr oder weniger berechtigten Zweifel an der Wirklichkeit dieser Landung gibt; ich finde es ja selbst höchstinteressant, dass ausgerechnet die Aufnahmen, die diese beweisen könnten, aus dem NASA-Archiv spurlos verschwunden sind ;-))

Perrys großer Traum einer geeinten Menschheit, die sich nicht mehr in kleinkarierten Auseinandersetzungen mit den Nachbarn wegen Glaubens- oder gar Herkunftsunterschieden verliert, sondern auf höchsten moralischen und ethischen Grundlagen nach Mehrung von Wissen strebt ... ist mir sehr vertraut. Gerade das Bemühen dieses Großadministrators Terras, Fremden grundsätzlich freundschaftlich entgegen zu treten und eine Verständigung zu aller Wohl herbei zu führen, beeindruckt mich immer wieder. Natürlich ist dies für eine literarische Figur sehr leicht, aber es waren ja mindestens den Kalten Krieg erlebende Menschen, die diese Figur entwickelten. Vielleicht sollten sich unsere Politiker ein Beispiel an Perry nehmen ... ;-)

Neben der fast asketisch auftretenden Figur des Perry Rhodan sind die wichtigsten Figuren die Mitglieder des sogenannten Mutantenkorps und Atlan.

Die Entwicklung von Waffen auf Basis der Atomenergie, deren Erprobung und schließlich deren Einsatz ist sicherlich nicht für die Autoren einschneidend und inspirierend. Ebenso die Frage nach den Folgen für die Menschen. Während wir in der Realität mit sogenannten negativen Mutationen wie Missbildungen und Schädigung des Genmaterials konfrontiert werden, träumten die Autoren auch von positiven Mutationen, die verschiedene Fähigkeiten wie Telepathie und Teleportation mit sich bringen.
Perry Rhodan sucht diese Mutanten, um sich deren Hilfe bei der Verwirklichung seiner Träume zu vergewissern. Dabei kommt es vor allem in der Anfangszeit zu größeren Konflikten zwischen Mutanten und Nichtmutierten, welche die Mutanten als Monster ansehen und dabei vergessen, dass diese das Resultat des unverantwortlichen Umgehens der Menschheit mit der Atomenergie sind und selbst absolut nichts für ihre Mutation können.

Während die Teleportation als nützliches Werkzeug betrachtet und nicht weiter diskutiert wird, ist der Umgang mit Telepathen ungleich schwieriger. Allein die Idee, dass ein anderer Mensch die eigenen Gedanken lesen kann, so gern wir diese auch verbergen möchten, ist erschreckend. Aus dem Grunde wird immer wieder thematisiert, dass die Telepathen moralisch gefestigte und die Privatsphäre jedes Wesens respektierende Individuen sind. Ausnahme sind jene vereinzelten Wesen, die sich aufgrund ihrer Fähigkeiten als "Überwesen" begreifen und nach Macht streben.
Auch hier sehe ich Vorbilder für unsere Regierende: achtet doch unsere Privatsphäre bitte ebenso wie es John Marshall tut! Will heißen: selbst wenn über die nötigen Mittel verfügt wird, müssen die nicht eingesetzt werden!

Die mir bei weitem sympathischste und (nicht nur) für mich interessanteste Figur im Perryversum ist Atlan, der Einsame der Zeit. Dieser Arkonide war Lordadmiral und Kristallprinz des alten Arkonidenreiches und strandete bereits vor reichlich 10000 Jahren auf der Erde. Ein Zellaktivator und Tiefschlafphasen ermöglichten ihm das Überleben bis heute. Sein Leben und Wirken auf der Erden wird in den Atlan-Bänden, einer eigenständigen Reihe, die ich mit fast noch größerem Vergnügen verschlang, geschildert. Auch hier sei für Einzelheiten auf die Atlan betreffenden Einträge bei Wikipedia und Perrypedia verwiesen. Atlan, der Außerirdische, ist in manchen Belangen menschlicher als Perry Rhodan gestaltet - so leistet er sich Zweifel und Emotionen und vor allem den Luxus, nach diesen zu handeln.
In meinen Augen ist diese Figur ein Ausdruck des menschlichen Bestrebens und Wunsches mit der Antwort auf die Frage des Woher auch die Frage nach dem Wohin beantworten zu können.


Eines finde ich jedoch bemerkenswert: egal, wie weit fortgeschritten die menschliche Entwicklung auch geschildert wird und wie ausgebaut die Wirtschaft ... die Unsinnigkeit von Geld kam Perry Rhodan noch nicht in den Sinn ... aber das kann ja noch kommen ;-)
Gerade erst in das Perryversum eingetaucht, bin ich gespannt, welchen Wesen und Ideen ich noch begegnen werde - die menschliche Phantasie wird hoffentlich noch lange nicht erlahmen!


Angesichts des aktuellen Ergebnisses der Bundestagswahl verspüre ich derzeit verstärkt das Bedürfnis, mich in einen noch fern liegenden Traum für die Menschheit zurückzuziehen.